Hans Juchert-Nestor der Brandenburger Fahrradforschung

Hans Juchert wurde am 13.02.1933 in Brandenburg geboren. Er besuchte die damalige Jahnschule  und absolvierte von 1953 bis 1955 am Institut für Lehrerbildung in Altenburg eine Ausbildung zum Pionierleiter und Unterstufenlehrer. Neben seiner Tätigkeit als pädagogischer Mitarbeiter am Pionierhaus Brandenburg qualifizierte er sich im Fernstudium an der PH Potsdam zum Biologielehrer für die Klassenstufen 5 bis 10 und war dann von 1963 bis 1991 als Lehrer an der Karl-Liebknecht-Oberschule und an der Otto-Grotewohl-Oberschule tätig. 

Im Jahre 1972, als sein Sohn ein Fahrrad-Markenschild mit nach Hause brachte,  wurde seine Leidenschaft für die Geschichte des Fahrrades geweckt. Anfangs sammelte er nur Brandenburger Fahrradmarkenschilder, dehnte sein Sammelgebiet aber schon bald auf Markenschilder aus ganz Europa aus. Quelle seiner Sammlung, die über 900 Markenschilder umfasst, waren die zahlreichen, damals noch frei zugänglichen Schrottplätze. Außerdem wurden von ihm auch Fahrradeinzelteile wie Klingeln, Schutzblechfiguren, Naben, Kettenblätter, Lampen, Dynamos usw. gesammelt. 

Um seine  Sammlung von Brandenburger Fahrradteilen dokumentieren und in die Geschichte der Brandenburger Fahrradindustrie einordnen zu können kam für den an der Heimatgeschichte  interessierten Brandenburger die Arbeit im Brandenburger Stadtarchiv hinzu. In zeitaufwändiger Arbeit wurden alle zur Brandenburger Fahrradgeschichte vorhandenen Unterlagen gesichtet und die Informationen für seine Sammlung festgehalten. Hauptquellen waren  Annoncen und Artikel im Brandenburger Anzeiger sowie die Adressbücher der Stadt Brandenburg. Hans Juchert erfasste die Inhalte zunächst handschriftlich und übertrug dann mit der Schreibmaschine die Informationen auf Karteikarten. Erneut nahm er all diese Quellen  im Archiv in die Hand, als er die Erlaubnis erhielt, die betreffenden Archivalien zu fotografieren. Mit einer einfachen Boxkamera und einem selbstgebauten Stativ hielt er hier die Informationen auf schwarz/weiß Negativfilmen fest. Die selbst entwickelten Filme und in Originalgröße selbst hergestellten Abzüge, vor allem von  Annoncen,  wurden dann zugeschnitten und auf Karteikarten den jeweiligen Sachgebieten  wie z.B. den Fahrradfirmen, den Fahrradhandwerkern, den Fahrradvereinen, dem Fahrradsport usw. zugeordnet.

 


Bei der Archivarbeit lernte der Autor dieses Beitrages, der sich dort mit Recherchen zur Brandenburger Automobilindustrie beschäftigte, Hans Juchert kennen. 

Gemeinsam waren ihrer Arbeit das Interesse an der Brandenburger Fahrzeugindustrie, die Recherche im Archiv und die Aufarbeitung des gesichteten Materials auf Diafilmen. Seit dieser Zeit entwickelte sich ein reger Informations- und Gedankenaustausch. 

Sein Wissen über die Brandenburger Fahrradgeschichte gab Hans Juchert auch gern an andere Interessierte weiter. So beruhen die Einträge mit Skizzen der jeweiligen Steuerkopfschilder von Brandenburger Fahrradfirmen in der „Bibel“ der Fahrradsammler „Markenware Fahrrad“ von Frank Paperitz auf seiner Sammlung. 

Veröffentlichungen zur Brandenburger Fahrradgeschichte erfolgten im „Kulturspiegel“ und in der „Märkischen Volksstimme“. Als Mitglied der Arbeitsgruppen Stadtgeschichte und Numismatik im Kulturbund, der seinen Sitz im Fontaneclub hatte, brachte er  sein Wissen ein. 

Ehrenamtlich leitete er den Jugendklub des Heimatmuseums der Stadt Brandenburg und unternahm zahlreiche Exkursionen mit den Jugendlichen.

Als 1991 der „Historische Verein Brandenburg/Havel“ neu gegründet wurde, zählte Hans Juchert zu den Gründungsmitgliedern. 

Bei der Herausgabe des Lexikons zur Stadtgeschichte durch den „Historischen Verein“ bearbeitete er die Eintragungen zu den Brandenburger Fahrradfirmen. Auch in den „Heimatkundlichen Blättern“ des „Historischen Vereins“ wurden seine Artikel veröffentlicht. Zahlreiche Vorträge und Stadtführungen zur Brandenburger Fahrradgeschichte wurden von ihm organisiert und durchgeführt. Seit der Gründung der „Interessengemeinschaft Brennabor“ (jetzt 1. Brennaborverein), die die Sonderausstellung „Brennabor in Brandenburg“ im Industriemuseum mit ins Leben gerufen hat, war Hans Juchert Mitglied und hat mit seinen Sammlungsstücken die Ausstellung bereichert. Im „Club der Brandenburger“ und im Verein „Historische Fahrräder e. V“, gegründet 1995,. war er ebenfalls aktives Mitglied.

 Im Jahr 2014 konnte der Autor dieses Beitrages die umfangreiche fotografische Archivsammlung von Hans Juchert digitalisieren und sie somit ab 2020 für den Aufbau der Homepage des Brandenburger Fahrradmuseums mit aufarbeiten.

Hans Juchert hat sich immer eine  Darstellung der Fahrradgeschichte der Stadt Brandenburg, insbesondere der Brennaborwerke, im Stadtmuseum gewünscht, da die Entwicklung der Brandenburger Fahrradindustrie die Stadt nachhaltig geprägt hat. Dazu ist es bis heute leider nicht gekommen. 

Die Eröffnung des privaten Brandenburger-Fahrradmuseums des Autors konnte er leider nicht mehr erleben. Er verstarb am 29.04.2016. Zwei von ihm gezogene Gingkobäume auf dem Gelände seines ehemaligen Gartens im Gotthardt-Winkel zeugen von seinem  großen Interesse an der Botanik.

                                                 

 Günter Bauch

 

 

 

Im Jahr 2005 stellten Frank und Renate Stapf, geb. Reichstein,  Enkelin von Carl Reichstein, im Industriemuseum der Stadt Brandenburg ihr  Buch "Vom Korbmacher zum Autokönig" vor. 

Hans Juchert präsentiert Renate Stapf bei dieser Gelegenheit eine goldene Taschenuhr aus seiner Sammlung, die von den Brennaborwerken an Betriebsjubilare vergeben worden war.