Die Abschnitte "Aus der Geschichte der Excelsiorwerke I, II, III" wurden unter Verwendung von 

Abbildungen und Texten des Autors Mario Steinbrink aus "Der Knochenschüttler" und "Heimatkundliche Blätter" erstellt.  Details dazu im Literaturverzeichnis.   

                                                                                                                                                                                                                            

Aus der Geschichte der Excelsior- Fahrradwerke

Am 16. 07.1896 gründeten die drei Brüder Conrad die "Gebr. Conrad Excelsior-Fahrradwerke" in Brandenburg. Paul Conrad war als Kaufmann auf dem Dom 63 ansässig und betrieb hier eine Materialwaren- und Zigarrenhandlung sowie eine Destillation. Richard Conrad hatte seine Werkstatt als Schlossermeister in der Großen Gartenstraße 52 und Gustav Conrad war als Fabrikant in Berlin tätig.

Der enorme wirtschaftliche Erfolg der Brennabor- und der Coronawerke in der Fahrradproduktion ermutigte andere Brandenburger Unternehmer, so auch die Gebrüder Conrad, sich ebenfalls in der aufblühenden Fahrradbranche zu etablieren. 

Die Brüder Paul und Richard Conrad begannen schon vor der Gründung der gemeinsamen Firma mit Fahrradzubehör zu handeln und Richard Conrad war auch als Generalvertreter der Corona- Fahrradwerke Brandenburg tätig.

 

Brandenburger Anzeiger 26.03.1896

Brandenburger Anzeiger 25.07.1896

Brandenburger Anzeiger 05.08.1896

Brandenburger Anzeiger

1896


 

 

 

In gemieteten Gebäuden in der Kleinen Münzenstraße 20 und Molkenmarkt 21 begannen die Gebrüder mit der Produktion von Fahrrädern und Fahrradteilen. Auf dem Werbeplakat sind im Hintergrund die angemieteten Gebäude in der Kleinen Münzenstraße sichtbar. Diese heute unter Denkmalschutz stehenden Bauten waren in der Mitte des 19. Jahrhunderts ursprünglich als Textilfabrik errichtet worden und sind heute eine Seniorenwohnanlage.

 


Schon Mitte 1897 schied Richard Conrad wieder aus der Firma aus, vermutlich war ihm das geschäftliche Risiko zu hoch. Er übernahm wieder sein altes Geschäft in der Großen Gartenstraße und produzierte hier eigene Fahrräder unter dem Markennamen "Conradior".

Am 10.03.1897 trat der Kaufmann Franz Patz in die Gesellschaft ein und der Firmenname wurde in "Gebr. Conrad & Patz-Excelsior Fahrradwerke" geändert.

Franz Patz war Mitinhaber der Firma "Spielhagen & Patz" mit Sitz am Neustädtischen Markt 15. Diese Firma war im Handelsregister eingetragen als Destillations-, Zigarren- und Essigfabrik. Das Foto zeigt Paul Conrad und Teilhaber Franz Patz (links) um 1906 in ihrem Kontor.

 

Brandenburger Anzeiger 29.03.1897


Die Excelsior Fahrräder verkauften sich gut und es erfolgte eine ständige Steigerung der Produktion. Die angemieteten Gebäude in der Kleinen Münzenstraße waren bald zu klein und die Firma siedelte im Herbst 1903 in die leerstehende Fabrik der ehemaligen Kondor-Fahrradwerke, die Ende 1901in Konkurs gegangen waren, in die Wredowstraße 10 um. An diesem Standort befand sich dann später die Konsü-Waffelfabrik.

Die Annonce von 1904 weist bereits eine Produktion von jährlich 25.000 Fahrrädern aus. Die Nachfrage stieg weiter und so wurden zusätzliche Räumlichkeiten der ehemaligen Alexander-Fahrradwerke, die ebenfalls Ende 1901 in Konkurs gehen mussten, in der Bauhofstraße 8 angemietet.

Während die Kondor- und Alexander- Fahrradwerke die Fahrradkrise von 1898 bis 1901 nicht überlebten, konnten die Excelsior- Fahrradwerke diese Zeit vermutlich durch die Produktion von Nähmaschinen überbrücken. Bisher ist dieser Produktionszweig aber nur durch die Erfassung in einer englischen Sammlung von Nähmaschinenproduzenten bekannt.

Im Jahr 1904 verstarb der Mitinhaber Gustav Conrad und so waren nun Franz Patz und Paul Conrad die Inhaber der Excelsior-Fahrradwerke.

 



Die Postkarte von ca. 1904 zeigt die Excelsior-Werke am Standort Wredowstraße Nr. 10.

Schon 1902 bemühten sich die Excelsior-Werke um ein Grundstück am Mühlendamm für den Bau einer eigenen Fabrik, diese Pläne wurden aber später aufgegeben.

 

Brandenburger Anzeiger 14.01.1901

ca. 1904

Brandenburger Anzeiger 13.06.1902


Die Werbung von 1902 zeigt die große Innovationskraft der Excelsior-Werke. 

Brandenburger Anzeiger 27.02.1902


Im Jahr 1896 stellten 70 Arbeiter insgesamt 2000 Fahrräder her, 1899 waren es schon 5000 Räder. 

1904 wurden 25.000 Fahrräder produziert und 1905 wurde eine Stückzahl von 32.000 erreicht. 1906 waren es 36.000 Räder, die das Werk verließen und 1907 konnte die Fahrradproduktion auf 50.000 gesteigert werden. Im Jahr  1908 wurde mit einer Stückzahl von 60.000 Rädern die Kapazitätsgrenze erreicht. 


Die Zahl der Arbeiter musste ständig erhöht werden und es wurden dazu auch gut eingearbeitete, spezialisierte Fachkräfte aus den Brennabor- und Corona- Werken abgeworben.


Die ständig weiter steigende Nachfrage nach den hochwertigen Excelsior-Fahrrädern bedingte eine weitere Vergrößerung der Produktionskapazitäten. Dazu war natürlich beträchtliches Kapital erforderlich. Dieses wurde durch die Gründung einer Aktiengesellschaft am 03.12.1906 beschafft. Franz Patz wurde zum Generaldirektor ernannt.

 


1907 wurde mit dem Bau einer nach modernsten Gesichtspunkten eingerichteten Fabrik auf dem firmeneigenen 35.000 Quadratmeter großen Gelände in der Wilhelmsdorfer-Straße 66 begonnen.  In dem Kontorgebäude, das sich gegenüber dem Schlachthof in der Wilhelmsdorfer Straße befindet und heute unter Denkmalschutz steht, ist  derzeit ein Callcenter untergebracht. Auf dem Bild von 1927 ist eine Erweiterung der Kraftwerksanlagen erkennbar, die durch eine weitere Steigerung der Produktion notwendig geworden war. 

1914

1927


Zahlreiche Spezialmaschinen sowie eine Galvanisieranlage und eine Emaillierungsanlage mit Dampftrockenofen zählten zur Ausrüstung der neuen Fabrik. Durch eine moderne Entstaubungsanlage wurden die Arbeitsräume weitgehend von Staub und Rauch freigehalten. Die Antriebskraft für die Maschinen wurde durch eine große Dampfmaschine mit 500 PS Leistung erzeugt. Diese war mit einer Dynamomaschine gekoppelt, welche 23 Elektromotoren antrieb. Über Transmissionsanlagen wurden die einzelnen Werkzeugmaschinen dann per Treibriemen angetrieben. Die Bilder der Innenräume zeigen eindrucksvoll das Gewirr der Treibriemen.


Ein eigener Bahnanschluss von der Brandenburger Städtebahn ermöglichte es, die Waggons mit Kohlen direkt vor dem Kesselhaus zu entladen. Die in großen Mengen benötigten Rohmaterialien wurden per Bahnwaggon direkt in die jeweiligen Lager innerhalb des Betriebsgeländes geliefert. Die Fertigprodukte wurden von der Expedition direkt in Waggons verladen ohne sie dabei der Witterung auszusetzen. Die Werkhallen waren ebenerdig angelegt, so konnten schwere Maschinen und Anlagen problemlos aufgestellt und bei Modernisierungen ausgetauscht werden. Die Dächer der Werkhallen waren als Sheddachkonstruktion ausgeführt. Dadurch wurden die Arbeitsbereiche sehr gut mit indirektem Tageslicht ausgeleuchtet. Die Werkhallen sind heute fast vollständig abgerissen, nur der Teil vom ehemaligen Kulturhaus BMK-Ost (später Lindenpark) ist noch erhalten.


 

 

 

Da die Aktiengesellschaft unter diesen Bedingungen sehr hohe Gewinne erzielte, konnten 1912 und 1913 Dividenden von jeweils 25% an die Aktieninhaber gezahlt werden.

Jahrbuch Freie Gewerkschaften 1913


Der hohe technische Standard und die Ausstattung, die der zeitlichen Mode entsprach, zeigen sich eindrucksvoll bei den Fahrradmodellen der Modelljahre 1908 und 1911.

Insbesondere die durch Ätzung (Damaszierung) hergestellten und auf den Rahmenrohren und Schutzblechen erhaben hervortretenden Ornamente und Schriftzüge entsprechen dem Zeitgeschmack. Diese in der Herstellung sehr aufwändigen Verzierungen wurden natürlich nur bei den sehr teuren Luxusmodellen angewendet. Über die Technologien der Rahmenverbindungen (Innenlötung, Außenlötung, Schweißung) kann man sich im Brandenburger Fahrradmuseum anhand von aufgeschnittenen Rahmenteilen informieren. Ebenfalls sind dort Fahrräder mit Damaszierungen zu sehen.

 


In den Katalogen von 1908 bis 1911 sind neben den klassischen Fahrradmodellen auch zahlreiche Geschäftsradmodelle vorhanden. Diese wären heute auch eine gute Alternative für den Nahtransport im privaten Bereich.


 

 

 

 

Der Katalog von 1910 gewährt einen Einblick in die Organisation der Verwaltung der Excelsior-Werke.